Bei dem Wort „Verbot“ stellt´s manchen ja gleich die Haare auf. Nicht noch mehr Regeln und Vorschriften, die die Freiheit des Menschen einengen! Das ständige „brav sein“ nervt, man will sich nicht dauernd verbiegen und an die Masse anpassen müssen. Man will leben! Frei, unbeschwert, Spaß haben. Und nicht dauernd den oberlehrerhaft erhobenen Zeigefinger im Nacken spüren.
Vorbei mit der Duckhaltung!
Gerade wenn man beginnt sich ein bisschen mit Yoga auseinanderzusetzen, kommen verborgene, unbändige Kräfte zum Vorschein. Endlich ist meine Zeit gekommen, lautet dann die Devise! Jetzt sprenge ich alte Ketten, werde mir treu und gehe meinen eigenen Weg. Egal ob es nun der Norm entspricht, Hauptsache ich bin glücklich, wenn auch ein bisschen verrückt. Ich würde sagen: Genau so! Mach dein Ding! Geh deinen Weg! ..., wenn du dabei niemanden schadest, und auch das Glück deiner Mitmenschen, und deiner Umwelt im Hinterkopf behältst.
Und genau das vermitteln auch die 5 Verbote, die Yamas, im Yoga. Da geht es nicht um Duckhaltung, oder autoritärem Befolgen. Sogar das Gegenteil steht dahinter. Sie sollen uns öffnen, und das Leben miteinander verschönern. In unserem täglichen Handeln und Interagieren, mit anderen und der Welt, sollen wir uns von ihnen leiten lassen. Der Weg zu deinem Inneren, beginnt somit ganz banal im Außen. Erst danach kommen die 5 Niyamas (Gebote), bei denen es um dein inneres Erleben geht, und darum wie du mit dir selbst umgehen sollst, wenn du dich auf deinen inneren Weg machst.
Die 5 Verbote (YAMAS) kurz erklärt:
1. AHIMSA – Nichtverletzen - ist das höchste der Gesetze.
Auch sehr friedvolle und gutmütige Wesen, welche glauben sie können sowieso keiner Fliege was zu Leide tun, tut es gut sich immer wieder aufs Neue darauf zu besinnen. Hier geht es um mehr als um nett lächeln, und keine Schimpfwörter verwenden. Dass ausgeglichene Personen nicht zu Vandalismus oder körperlichen Übergriffen tendieren, mag sein. Selbst wenn du VegetarierIn bist, und so kein Tierleid verursachst, gibt es Gründe, immer wieder neu zu prüfen, wie du deinen Alltag im Sinne von Ahimsa gestaltest.
Entdeckst du Rachegefühle? Setzt du deine Worte mit Bedacht ein, oder erniedrigst du mit deiner Wortwahl? Ertappst du dich dabei hinter dem Rücken jemandes zu reden? Schaust du zu, wenn jemand gemobbt wird? All diese Situationen können verletzen.
Auch DU darfst nicht verletzt werden! Auch du sollst dir nicht selbst Schaden zufügen. Man soll auch mit sich und seinem Körper achtsam umgehen. Ein Vollrausch am Wochenende, nachdem du am nächsten Morgen noch nach Aschenbecher riechst, gehört da definitiv zu den Zuständen, die es zu vermeiden gilt.
Liebe – Zärtlichkeit – Nachsicht – Frieden …ist Ahimsa.
2. SATYA – Ehrlichkeit
Eine weitere Weisheit, die bestimmt jedem schon einmal zu Ohren gekommen ist. Ehrlichkeit währt am längsten. Und dennoch versickert sie in unserer Gesellschaft oft im Sand. Vielen fällt es einfacher die Unwahrheit zu sagen.
Findest du die Frau attraktiver als mich? – Nein, natürlich nicht mein Schatz.
Welche Verbesserungsvorschläge haben Sie für mich im Umgang mit meinen Mitarbeitern? – Keine, ich bin mit Ihnen als Chefin sehr zufrieden.
Was denkst du gerade? – Ach nichts.
Der gute Vorsatz scheint oft wie weggeblasen, und man wählt die vermeintlich leichtere Variante – Lügen. Doch so entstehen oft mehr Probleme, als die Wahrheit hätte anrichten können. Früher oder später wird man es erkennen.
Das Gefühl, wenn Gedanken, Worte, und Handeln in Einklang gebracht wurden, ist entspannend. Das Gefühl, von Menschen umgeben zu sein, welche wahrhaftig und klar sind, ist energiespendend.
Doch Ahimsa, das Nichtverletzen bleibt an erster Stelle. Ähnlich der drei Siebe von Sokrates: Wahrheit, Güte, Notwendigkeit, muss nicht immer alles gesagt werden.
3. ASTEYA – Nichtstehlen
Auch dieses Verbot ist, wie vielleicht erwartet, nicht in einem Satz vollständig beschrieben. Es bedeutet nicht nur, keine fremden Gegenstände an sich zu nehmen, sondern auch kein fremdes Gedankengut als das eigene zu vermarkten. Würde ich hier also behaupten, all das hier zu Lesende entsprang meinem schaffenden Geist, wäre es Steya (Diebstahl). Den Ursprung der Yamas findest du in Patanjalis Yoga-Sutra. Eine Schrift, die aus einem yogischen Haushalt gar nicht wegzudenken ist.
Patanjali schreibt: „Wenn Nichtstehlen fest begründet ist, kommen alle Kostbarkeiten wie von selbst.“ (PYS 2,37).
Vielleicht hat es auch etwa mit Loslassen zu tun. Hat man erst gewisse Habseligkeiten losgelassen (haftet man ihnen nicht mehr an), ist die Fülle spürbar. Man kann sich auf das Wesentliche konzentrieren.
4. BRAHMACHARYA – Enthaltsamkeit
Wie mit jedem der Yamas kannst du auch hiermit deinen Weg finden. Ohne im Zölibat zu leben. In ihrer spirituellen Praxis weit fortgeschrittene Yogis verzichten ganz auf die körperliche Liebe. Sie geben sich voll und ganz Brahman, dem Göttlichen hin. Transformieren ihre sexuelle in spirituelle Energie. Für viele bedeutet es Treue und Vermeiden von sexuellem Fehlverhalten. Wo hier der Ansatzpunkt liegt, entscheidet nicht jeder gleich.
Hier finde ich auch die Sichtweisen von Osho sehr interessant und zumindest einer Reflexion wert. Um dir einen Buchtipp mit auf den Weg zu geben: In „Liebe, Freiheit, Alleinsein“ von Osho, beschreibt er alternative Beziehungsformen, und auch der Umgang mit der Sexualität wird hier von einem unkonventionellen Blickwinkel aus betrachtet
5. APARIGRAHA – Nichthorten
Auf Schnäppchenjagd gehen, shoppen bis die Karte glüht, und voller Freude die neuen Errungenschaften in den ach so vollen Schrank quetschen. Mit einmal Nachstopfen hat alles Platz. Und wenn nicht, wird eine größere Wohnung gemietet. Dann ist man wieder ein Scheibchen zufriedener. Für fünf Minuten. Vielleicht länger, wenn es wirklich kostbare Käufe waren. Doch oft hält die Ersatzbefriedigung nicht lange an, und der Konsumwahnsinn beginnt erneut.
Das fünfte Verbot soll diesen unsinnigen Teufelskreis durchbrechen. Durch das Nichtanhäufen von materiellem Gut, mit dem du deine Zufriedenheit im Außen suchst, kannst du dich wieder auf die wirklich wichtigen Werte ausrichten.
Weniger Macht, mehr Miteinander.
Weniger Besitz, mehr ehrliche Beziehungen.
Weniger Status, mehr Liebe und Frieden.
Ich fordere dich zu einer Challenge auf: Kauf 1 Jahr lang kein einziges Kleidungsstück! Auch keine Socken, keine Unterwäsche, nichts. Mir hat´s gutgetan. Kann ich nur empfehlen! Wenn du sowieso nur ungerne Klamotten shoppst, dann zählt das natürlich nicht. Such dir dein Laster, und leg es für ein Jahr zur Seite. Ich freue mich über deinen Bericht, wenn du mir erzählen magst, was sich dadurch bei dir verändert.
Mit diesem Artikel habe ich dir einen kleinen Einblick in das umfassende Reich des Yoga gegeben. Ich hoffe deine Neugier wurde angeregt, und du magst dich noch tiefer mit dieser wunderbaren Lebensphilosophie befassen. Freu dich bereits jetzt auf meinen nächsten Beitrag. Es folgen die Niyamas, die 5 Gebote. Und wir klettern eine Stufe weiter nach oben. Vom Umgang mit deinen Mitmenschen, zum Umgang mit dir selbst.
Love & Peace
Sarah
Comments