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Tränen in Savasana

Autorenbild: Sarah HofstaedterSarah Hofstaedter

Es flossen still Tränen, ein Schwall an Emotionen überrollte meinen Körper wie ein Gewitter einen heißen Sommertag. Tiefsitzende unverarbeitete Gefühle kamen ans Tageslicht. Ich fühlte Schmerz der lange verborgen war. Ein Schatz der in Vergessenheit geriet. Und das wichtigste: Es tat gut.

Doch wollen wir das Pferd mal nicht von hinten aufzäumen.


Hier ein paar Facts zu Savasana:


Übersetzt aus dem Sanskrit bedeutet es die „Totenstellung“. Klingt irgendwie spooky, macht aber Sinn. Es geht darum den Körper in völligen Stillstand zu bringen, so dass das Nervensystem und die Muskeln komplett entspannen können. Der Erholungsnerv des Körpers, Parasympathikus genannt, übernimmt das sanfte Kommando. Wie bereits der Name darauf hindeutet ist er verantwortlich für die Regeneration der Energiereserven. Die Verdauung wird angeregt, der Herzschlag wird langsamer, die Atmung tiefer. Resetting sozusagen.


Zur Ausführung:


Ausgeführt wird diese Asana indem man sich flach in Rückenlage auf dem Boden legt. Die Beine sind etwas weiter als hüftbreit geöffnet, die Zehen dürfen sanft nach außen fallen. So haben Hüfte und Becken Platz loszulassen. Auch die Arme liegen links und rechts etwas weiter weg von der Körpermitte, die Handflächen sind empfangend nach oben gedreht. Der Kopf liegt mittig, so dass das Kinn sanft Richtung Brustansatz geneigt ist, und der Hals nicht überstreckt wird.


Bevor man tief eintaucht kann man noch einmal das Kiefer lockern (Grimassen erlaubt), die Zunge vom Gaumen und die Zahnreihen voneinander lösen. Dann schließt man sachte die Augen. Nichts wird mehr bewegt. Kein Kratzen weil es irgendwo noch kitzelt, kein Hin- und Herrutschen weil es noch bequemer sein könnte, kein Spielen mit den Zehen weil es zu langweilig sein könnte. Für viele ist diese auf den ersten Blick scheinbar einfache Asana eine richtige Herausforderung, weil sie sich in Geduld üben müssen.


Aber mein Tipp: Verzichte keinesfalls darauf! Auch nicht, wenn du Zuhause für dich allein oder mit Online-Videos yogierst. Es wird dir guttun. Apropos Online-Videos: Schau dir gerne mein Angebot dazu an!


Zum Hintergrund:


Der Hintergrund dieser ultimativen Entspannungsstellung, welche zu wirklich jeder Yogaeinheit dazugehört, wie die Henne zum Ei, ist jener der gleichmäßigen Energieverteilung. Während der Asana-Praxis wird Prana (Lebensenergie) aufgebaut, welche sich dann in Savasana gleichmäßig im gesamten Körper entfalten kann.


Du wirst dich danach einfach toll fühlen, und ein Frischegefühl, wie nach einem kühlen Duschgang, wird anstelle von Müdigkeit den Platz einnehmen. Dabei soll man ganz präsent und aufmerksam bleiben. In dieser Ruhe soll Wachheit und Klarheit herrschen.


Wenn du entspannt daliegst, dein Körper pausiert nachdem er alles abgerufen hat was ihm möglich war, und dein Geist Frieden gefunden hat, dann ist da Raum. Du musst nichts mehr tun, du musst nicht denken, du darfst nur Sein!


Diese Minuten sind nicht zum Probleme lösen da. Danach ist Zeit genug, um darüber nachzudenken wie viel Wäsche noch zu bügeln ist, ob die Kinder schon die Hausübung erledigt haben, oder wie man den ewig langen Familienstreit beenden kann. Diese Minuten (oft 5 bis 10) kannst du dir auch noch schenken und nichts tun! Es wird nur einen feinen Unterschied machen, wenn du dir diese Zeit gönnst. Und zwar den, dass du danach sogar effektiver an deine Sachen herangehen kannst. Also vielleicht doch lieber 15 Minuten 😉


Ganz achtsam und konzentriert kannst du deine aufsteigenden Gefühlsregungen beobachten und verfolgen wo und wie du sie spürst. Ganz ohne zu werten, hast du in Savasana Zeit für dich. Zeit, einfach nur wahrzunehmen.


Was wenn die Ruhe nicht gelingt?


Was wenn du innerlich um Hilfe schreist: „Verdammtus!!! Ich denke schon wieder! Der Boden ist zu hart, ich muss noch dies, ich muss noch das. Ups, ich muss die Augen schließen, und nicht an die Decke starren.“ Machst du diese Asana dann „falsch“? Nein in meinen Einheiten nicht. Denn in erster Linie sollst du dich entspannen. Das war´s. Es darf mehr sein, muss aber nicht! Du kannst die Schlussentspannung einfach nur genießen. Manche können abschalten, anderen fällt es schwerer. Weil die alltäglichen Probleme doch wieder im Kopf kreisen, oder weil sie Angst haben einzuschlafen. Auch das ist ok. Dann hatten dein Kopf und dein Körper nun mal Pause. Wie schön! Ist doch himmlisch so ein Powernap. Und angeblich auch gesund. Nach einem zarten Wecken meinerseits verpasst du auch ganz bestimmt nicht die Verneigung zum Abschied.


Konfrontation mit den Schattenseiten


Dann und wann können auch unangenehme Engegefühle, oder auch einfach nur Leere und Müdigkeit auftauchen. Und nicht immer will man da genauer hinsehen. Es könnten ja Schattenseiten sein, die man schon so gut in den letzten Winkel verbannt hat. Dort wo man sie selbst kaum mehr findet. Wie die Hausschlüssel, wenn man sie am dringendsten braucht. Gut verstaut, die Frage ist nur wo? Da will man doch nicht mehr dran arbeiten, und muss man auch nicht. Aber wenn man es sich zutraut, und sich immer wieder auf sein im Unterbewusstsein Gespeichertes einlässt, kann dies auch extrem heilsam sein. Dazu gehören auch ein Funken Mut und ein Schuss Selbsteinsicht. Ohne wird’s schwierig. Der Nutzen daraus ist immens.

Zurück zur eigentlichen Geschichte...


Nun aber back to the roots, zu meiner tränenreichen Erfahrung. So lag ich da in Savasana. Regungslos und mega präsent. Trotz stiller Tränen, trotz genauem Hingucken wo der Schmerz denn herkommt, trotz scheinbar überwältigenden Emotionen, oder genau darum, lies ich etwas von mir abfallen. Ganz zart. Bling! Es fühlte sich an als würde mir ein Stein vom Herzen fallen, von dem ich nicht einmal wusste, dass es ihn gibt.


Danach setzte ich mich auf, legte meine Hände ins Anjali Mudra (Namaste) vor dem Herzen zusammen und verneigte mich vor mir selbst als Dank dafür, dass ich mich auf mich selbst eingelassen habe. Und ich verneigte mich vor meiner Yogalehrerin aus tiefster Dankbarkeit für dieses Erlebnis. Denn mit ihrer Stimme, ihrem Mantra hat sie mich erreicht.

Ich lächelte und fühlte mich…..leicht wie eine Feder.


Und solche Erfahrungen wünsche ich dir auch.

Alles Liebe

Sarah

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